09. April 2023, Etappe von Vergeroux nach Saint-Agnant

Das war eine der ruhigsten Nächte, die ich hatte, seit ich wieder unterwegs bin. Erst ab 09:00 kamen insgesamt 3 Leute – davon 2 mit ihrem Hund – vorbei. Ich konnte also in aller Ruhe meinen Morgenkaffee trinken, bevor ich packte und aufbrach. Allzu lang sollte die heutige Etappe nicht sein, da ich gestern etliche Kilometer mehr gefahren war. Am Radweg bei Saint-Agnant hatte ich noch einen schönen Picknickplatz in Erinnerung. Schlimmstenfalls war er besetzt, denn am Ostersonntag war alles los, was nicht angebunden war! Rochefort hingegen schien fast wie ausgestorben, da die meisten Franzosen sich lieber auf den Weg zu den Stränden bei Chatillon oder Marennes gemacht hatten. Davon zeugte jedenfalls die stinkende Blechlawine, die auf der Route National und der Autobahn in beide Richtungen nur sehr langsam vorankam. Überhaupt nicht schadenfroh – ich doch nicht – radelte ich gemütlich bei herrlichem Frühlingswetter an den Staus vorbei.

Die Route führte an der Charente entlang, durch die Marais bis zur Königlichen Seilerei. Nach einigen Fotos – unter anderem lagen im Marine Arsenal ein Schiff Ludwigs IV und Napoleon III zur Renovierung im Trockendock – radelte ich weiter zum Hafen. Dort konnte ich meine Wasserflaschen auffüllen und gönnte mir eine längere Pause für einen Snack. Dank einer Spende kann ich Dienstag nicht nur Lebensmittel kaufen. Es ist mir auch möglich, doch die Fähre ab Royan zu nehmen und so nicht nur Zeit zu sparen. An der La Vélodyssée entlang gibt es einige Möglichkeiten, einen Schlafplatz zu finden. Auf der anderen Strecke an der Gironde entlang nicht.

Nach der Pause radelte ich über Tonnay-Charente in Richtung Marennes weiter. Einen kleinen Kaffee samt Möglichkeit zum Aufladen bekam ich in Chabriot in einer Bar. Von hier aus verlief der Radweg über einen Chemin de Fer, eine ehemalige Eisenbahnstrecke. Die sind immer wirklich schön zu befahren. Der Picknickplatz an der Brücke – auf dem ich im vergangenen März gezeltet hatte – war voll belegt, daher hoffte ich auf den nächsten, den ich ja eigentlich anvisiert hatte.

Er war frei, stellte ich fest, als ich ihn etwa eine halbe Stunde später erreichte. Das hieß, ich konnte heute früher Schluss machen und war nicht zu müde, um an meinem Manuskript zu arbeiten. Morgen wollte ich bis zum Picknickplatz am Leuchtturm vor Royan fahren. Dort hatte ich bereits im März 2022 gezeltet.

08. April 2023, Etappe von Dompierre-sur-Mer nach Vergeroux

Das war ein sehr feuchter und kühler Morgen! Nur 2 Grad und Hochnebel, was hieß, dass ich mein Zelt nass verpacken musste. An einem so exponierten Platz konnte ich auch nicht warten, bis alles abtrocknet. Zudem plante ich, in La Rochelle länger zu bleiben, um meine Geräte aufzuladen. 2 Stunden sind das Minimum. Ich brach also schon um kurz vor neun Uhr auf. Die Route führte in Windungen an Dompierre-sur-Mer vorbei, überquerte zwischendurch die Autobahn und führte durch einen großen Park zurück an den Kanal. An der Universität vorbei ging es dann zum alten Hafen. Im Gegensatz zu Niort steppte in La Rochelle bereist der touristische Bär. Ich bahnte mir einen Weg zum Touristenbüro, doch da erwartete mich eine Enttäuschung. Es war umgebaut worden und dort, wo vorher die Sitzecken und die Ladestation waren, gab es nur noch eine Boutique für Touristen. Service wird offenbar kleiner geschrieben, Geld dagegen groß.

Die Bars und Cafés entlang des Hafens kamen schon allein wegen ihrer Preise nicht in Frage. Steckdosen an Sitzplätzen brauchte ich da auch gar nicht erst suchen. Da blieb nur der McDonald einen Kilometer weiter. Nach der Bestellung – Ein Kaffee und ein Croissant – schrumpfte mein Budget auf ganze 6, 35 € zusammen. Ich suchte mir einen Platz mit Steckdose und nutzte die nächsten zwei Stunden, um meinen Reiseblog wieder auf den aktuellen Stand zu bringen. Ich schaffte es sogar, ein Kapitel im Manuskript zu beenden!

Anschließend brach ich wieder auf und fuhr auf die La Vélodyssée, auch Eurovelo 1 genannt in Richtung Rochefort weiter. Der Plan war, irgendwo davor einen passenden Zeltplatz zu finden. Ich kannte diese Strecke ziemlich gut und wusste, dass es a ihr ur wenige Möglichkeiten gab. An der Küste war das Zelten ohnehin verboten, daher blieben nur die Strecken durch die Marais.

Nur 4 Kilometer weiter sah ich, dass der Radwanderweg wegen einer Veranstaltung gesperrt war. Ich fuhr den Umleitungsschildern nach und entlang der Straße, die aber auch einen separaten Radweg hatte. Am Himmel über den Stränden flogen Haufenweise Ballons und Drachen in allen Formen und Farben und es war ganz schön was los auf den Straßen. Die Umleitung kostete mich Zeit und erst weit hinter Chatillon gelangte ich zurück auf den Radweg.

Ich radelte und radelt, hielt Ausschau nach passenden Plätzen, aber fand einfach nichts. Meine letzte Hoffnung war der Ort  Saint-Laurent-de-la-Prée. Dort verzeichnete meine App zwei Picknickplätze. Doch auch die erwiesen sich als nicht brauchbar. Zu dicht an der Straße und die Route National verlief auch fast direkt dran vorbei. Sehr laut.

Ich fuhr also weiter bis Vergeroux. Hier waren die Picknickplätze auf Spielplätzen, fielen daher auch als Option für die Nacht aus. Schließlich entschied ich mich, auf dem breiten Grünstreifen neben einem Fußweg der zwei Siedlungen miteinander verband, zu zelten. Hier stand nur ein unbewohntes Haus und gegenüber befanden sich einige Gärten. Ich hoffte, keinen Ärger zu kriegen.

Durch die lange Etappe heute verschiebt sich allerdings mein Zeitplan. Ursprünglich wollte ich so fahren, dass ich am Dienstag in La Tremblade im Touristenbüro ankomme, das einzige auf der ganzen Strecke nach Bordeaux mit Ladestation! Aber so werde ich bereits Montag – Feiertag – daran vorbeikommen. Das heißt, ich kann erst wieder in Royan – beim McDonalds – aufladen, was mich das letzte Geld kosten wird. Zudem ist der Radweg entlang der Gironde über Blaye und Bourg nach Bordeaux nicht nur länger und mit Steigungen versehen – die Fähre kann ich nicht mehr bezahlen – es geht dort auch nur entlang der Küstenstraße und an Campingplätzen, Hotels und Ferienhäusern vorbei. Picknickplätze? Kannst du vergessen. Ich kenne diese Route noch von 2018, als ich sie in der Gegenrichtung befahren habe. Übernachtet habe ich damals auf einem kostenlosen Aire-de-Campingcar. Hoffentlich finde ich den wieder und es klappt ein weiteres Mal.

Wie auch immer … die Situation wird langsam brenzlig. Kein Geld mehr und auch meine Vorräte werden höchstens noch bis Mitte des Monats reichen. Um richtig arbeiten zu können, mir wieder einen Kundenstamm aufzubauen, brauche ich dringend eine längere Pause – mehrere Monate bis ein Jahr – aber woher nehmen, wenn nicht stehlen?

07. April 2023, Etappe von Coulon nach Dompierre-sur-Mer

So lange hatte ich schon ewig nicht mehr geschlafen! Erst um 08:00 wurde ich wach. Ich frühstückte noch und packte dann meine Sachen, was deutlich schneller ging, als wenn ich im Zelt übernachtet hätte. Nach einem Abschiedsfoto von meiner freundlichen Gastgeberin, radelte ich wieder los. Die Steigungen hatte ich vorerst hinter mir – Gott sei Dank! – und kann auch zügig vorwärts. Morgens zeigten sich noch Schleierwolken, doch ab Mittag schien die Sonne in voller Pracht.

Da der Radweg ab Coulon wegen Bauarbeiten gesperrt war, führte mich meine Route bis Damvix über Landstraßen. Von dort aus gelangte ich zurück auf den Radweg, der hier aber über viele Kilometer hinweg in sehr schlechtem Zustand war. Besser wurde es erst in Richtung Marans. Ich spielte mit dem Gedanken, den Campingplatz in L’Île-d’Elle anzufahren. Der war günstig und ich kannte ihn von meiner Radtour 2021 schon. Um sicher zu gehen, dass die Preise noch stimmten, rief ich lieber vorher an. Und ja, sie hatten die Preise erhöht! Damit war diese Option leider gestrichen.

Ich fuhr daher weiter bis Marans und wechselte am Hafen auf die La Vélodyssée, der ich bis Spanien folgen wollte. Vom letzten Jahr im März her, wusste ich, dass die wenigen Picknickplätze – 2, um genau zu sein – die es am Kanal gab, nicht zum Zelten geeignet waren, da sie direkt an Straßen lagen. Im März 2022 hatte ich mir einen Platz auf dem von Hecken geschützten Seitenstreifen ausgesucht. Damals hatte es geregnet und es waren kaum Menschen unterwegs gewesen. So viel Glück hatte ich am beginnenden Osterwochenende und bei dem tollen Wetter heute nicht. Auf jedem in Frage kommenden Platz hatten sich bereits Angler breit gemacht. Mit und ohne Zelte. Ich radelte also weiter. Und weiter. Schließlich gelangte ich bis Dompierre-sur-Mer und hatte damit 58 Kilometer zurückgelegt.

Da der Picknickplatz hier ebenfalls nicht zum Zelten geeignet war, er war geschottert und lag direkt an einem Parkplatz, nahm ich mit einem Flecken Gras an der Brücke vorlieb. Ich kannte diese Strecke ja schon ziemlich gut und wusste, dass die nächste Möglichkeit zum Wildzelten erst wieder vor Rochefort bestand. An der Küste gab es zwar genug Plätze, aber da war es streng verboten. Ich hoffe, dass ich morgen im Touristenbüro in La Rochelle noch einmal meine Geräte aufladen kann, dann wäre ich über die Feiertage autark.

06. April 2023, Etappe von Champdeniers nach Coulon

Mit 6 Grad war diese Nacht deutlich wärmer und angenehmer als die beiden Frostnächte zuvor. Dafür hielt sich die Sonne heute Morgen hinter dichten Wolken verborgen, aber Regen war keiner angekündigt. Um 10:00 brach ich auf. Bis Niort sollte es noch sehr hügelig bleiben, aber ab da Gott sei Dank endlich wieder flach. Ich befand mich schnell wieder auf dem Radweg und kämpfte mich gleich darauf schon die ersten Steigungen hoch. Mit vielen Pausen zum Verschnaufen und Trinken erreichte ich Rouvre und hatte somit die schlimmsten Steigungen hinter mir. Bis Niort gab es aber noch genug, sodass ich eine Stunde später als geplant in der Stadt ankam. Mein erstes Ziel war das Touristenbüro. Ich parkte dort mein Fahrrad, ließ meinen Laptop zum Aufladen da und auch meinen Rucksack. Außer mir gab es keine Touristen. So leer habe ich ein Touristenbüro noch nie gesehen!

Gut für mich, denn so konnte ich in aller Ruhe und ohne Ballast Niort besichtigen. Die Stadt selbst war jetzt nicht so interessant. Ich beschränkte mich auf die zu Fuß erreichbaren Ziele, wie den Donjon und die Église-Notre-Dame de Niort, sowie die Église Saint-Andre, aber die war leider geschlossen.

Da mir meine Sehnenzerrung das ständige Treppengehen allmählich übelnahm, machte ich mich auf den Weg zurück zum Touristenbüro. Nachdem ich meine Sachen abgeholt und verstaut hatte, radelte ich aus Niort hinaus am Fluss Sèvre-Niortaise entlang. Meine App zeigte mir etliche Picknickplätze an, doch die waren entweder besetzt – es war um diese Zeit noch ganz schön was los auf dem Radweg – oder das Gras und Unkraut stand zu hoch, um ein Zelt aufzubauen. Tja, und bis Coulon, immerhin noch fast 15 Kilometer, kam auch kein Platz mehr.

Zu meinem Glück traf ich Audrey, die mit ihrem Hund, einem total lieben Border Collie, eine Runde drehte. Als ich sie fragte, ob sie einen Platz wüsste, lud sie mich zu sich nach Hause ein. Ich ging davon aus, dass ich im Garten zelten würde, aber nein, ich bekam ein Gästezimmer! Dazu noch ein leckeres Abendessen und Kaffee. Todmüde fiel ich um halb elf ins Bett und schlief fast sofort ein. Keine Chance, dass ich noch etwas am Manuskript arbeiten würde. Nicht einmal die überfälligen Blogartikel schaffte ich noch!

05. April 2023, Etappe von Parthenay nach Champdeniers

Weil ich nicht so spät auf dem Zeltplatz ankommen wollte und mich heute auch zumindest auf der ersten Hälfte der Etappe ordentliche Steigungen erwarteten, brach ich bereits um 09:00 auf. Es hatte leichten Frost in der Nacht gegeben und ich musste das Zelt halb vereist verpacken. Abwarten, bis die Sonne auf den Platz schien, hätte zu viel Zeit gekostet.

Mir wurde dann schon auf den ersten Kilometern gut warm, denn holla, da ging es teils echt steil hoch! Also für mich steil. Gesunde jüngere Radler packen so was natürlich mit links. Schiebt ihr mal mehr als 40 Kilo über eine längere Strecke bergauf. Mit Asthma. Bis Mazières-en-Gâtin benötigte ich für die 15 Kilometer 3 Stunden! Dort machte ich eine halbe Stunde Pause, aber der kalte Nordostwind trieb mich trotz herrlichsten Sonnenscheins wieder hoch.

Noch weitere 5 Kilometer hatte ich mit den Anstiegen zu kämpfen, doch die letzten 6 ging es stetig bergab und rein nach Champdeniers. Mein heutiges Ziel – ein privat geführter kostenloser Zeltplatz für Pilger und Radwanderer – erreichte ich um 14_30. Deutlich früher als ich angenommen hatte. Die Betreiber, ein Ehepaar, haben ihren Garten umgebaut und stellen ihn als Zeltplatz zur Verfügung. Strom kommt allerdings über ein Solarpanel rein und das ist derzeit kaputt. Dusche, Toilette und Trinkwasser sind 30 Meter weiter. Ich habe vorhin mit dem Mann telefoniert, er nimmt mein Handy und die Powerbank über Nacht ins Haus zum Aufladen. Der Laptop hat noch genug Saft.

Zwar könnte ich morgen die gesamte Strecke nach Niort hineinfahren und am Touristenbüro schauen, ob die eine Ladestation haben, aber ich will die Stadt in Ruhe besichtigen und es wird ja nochmal sehr hügelig. Für Bars und Cafés habe ich nur noch knapp 10 €. Davon kann ich maximal dreimal irgendwo einen Kaffee trinken und meine Geräte aufladen. Also werde ich nur bis kurz vor Niort fahren, mir am Fluss einen Schlafplatz suchen und am Freitag dann Sightseeing betreiben. Von Niort aus ist der Radweg fast durchgängig flach. Ich muss morgen dann auch nicht so früh aufbrechen. Das Wetter soll stabil bleiben, deutlich wärmer nachts und trocken. Das Fernziel ist weiterhin Spanien. Da geht es ab La Rochelle dann über Bayonne nach – wenn es mit einem Transport klappt – Pamplona. Sollte es nicht funktionieren, dann radele ich über Pau nach Toulouse und an den Canal du Midi, von dort aus in Süden. Diese Strecke bin ich 2020 in die Gegenrichtung gefahren.

03. April 2023, Etappe von Saint-Géneroux nach La Peyratte und 04. April, Etappe nach Parthenay

Der Wetterbericht lag heute Morgen gewaltig daneben. Statt Sonne, bekam ich zum Etappenstart viele Wolken, kühle Temperaturen und Wind aus Nordost, der es auch nicht unbedingt wärmer machte. Glücklicherweise würde ich ihn im Rücken haben, wenn ich losfuhr. Damit die Zeltplane abtrocknen konnte, fing ich mit dem Packen erst um 11:00 an. Mit 36 Kilometern hatte ich heute keine zu lange Strecke, aber mit vielen Steigungen. Schlussendlich brauchte ich doch wesentlich länger als gedacht und startete erst um 14:00.

Bis Airvault zog sich der Radweg in großen Schleifen durch die Hügel. Landschaftlich war es immer noch nur Ackerbau, also wenig reizvoll und kein Anlass, Fotos zu schießen. Etwa einen Kilometer vor Airvault musste ich einen Umweg über die Schnellstraße fahren, weil der Radweg und die kleine Straße in die Ortsmitte gesperrt waren. Ich überquerte den Thouet mit der nächsten Brücke und parkte mein Fahrrad an der alten Markthalle. Leider war auch der Weg zum Schloss gesperrt. Ich fotografierte daher nur die Abtei, ein Bau aus dem 11. Jahrhundert.

Im Ortskern hatten sämtliche Läden und Bars zu, mein Wunsch auf einen Kaffee plus verspätetes Frühstück erfüllte sich nicht. Ich fuhr also weiter. Der Radweg führte mich aus Airvault fast wieder raus, da entdeckte ich nicht nur eine Bäckerei, die geöffnet hatte. Auch eine Bar machte gerade auf.

Kurzentschlossen parkte ich mein Gespann erneut auf einem Platz neben der Bäckerei, kaufte ein Croissant und saß gleich darauf in der Bar mit einem dampfenden Kaffee vor mir. Da sich die Sonne immer noch nicht blicken ließ war es empfindlich kühl da draußen. Da tat ein heißes Getränk gut. Oft würde ich mir diesen Luxus in den nächsten Tagen nicht leisten können. Meine Barschaft betrug nach Abzug aller Rechnungen und Abbuchungen nämlich nur noch 50 €. Mindestens die Hälfte davon würde bei dem Einkauf im Aldi in Parthenay draufgehen. Mit viel Glück schaffte ich es also bis Monatsmitte.

Gegen halb fünf brach ich wieder auf. Gut, dass es Abends schon so lange hell blieb, denn ich hatte für die 14½ Kilometer bis Airvault schon 2 Stunden gebraucht. Weitere 20 Kilometer bis zum anvisierten Picknickplatz lagen aber noch vor mir. Laut Komoot mit noch mehr Steigungen. Hurra. Und das war schon die gekürzte Route, denn auf zwei Teilstrecken würde ich nicht dem Radweg folgen.

Entschädigt wurde ich für die Mühe mit einer deutlich schöneren Kulisse, die sich hier auch schon in frühlingshafte Farben kleidete. Blühende Hecken, Sträucher und Bäume säumten die kleine Straße. Statt Ackerflächen gab es hier Wiesen und Weiden für Rinder, Schafe und Pferde.

Vorbei ging es am Schloss von Saint Loup, durch Gourgé und wieder raus in die Prairie. Das waren die letzten Orte auf meiner heutigen Strecke. Von hier aus führte der Radweg weiter in Richtung La Peyratte. Ich würde ihm aber nicht weiter folgen, denn die zwei Picknickplätz lagen nicht an dieser Strecke. Einige Kilometer tauchte dann auch die Abzweigung auf, die ich nehmen wollte. Ein asphaltierter Feldweg.

Ich passierte auf ihm zwei Bauernhöfe und tja, direkt dahinter endete der Asphalt und lief in einen Wiesenweg mit großen Felsen darin aus. Da es ab hier auch noch steil bergab ging, koppelte ich den Anhänger ab und schob erst das Fahrrad vorsichtig hinunter. Der Picknickplatz lag auf der anderen Seite eines Zuflusses zum Thouet. Die Brücke – immerhin gab es eine, sonst hätte ich nämlich umdrehen müssen! – bestand aus groben Felsen und Steinen. Es war ganz schön heikel, das Fahrrad darüber zu bugsieren, ohne Wasser zu landen, aber ich schaffte e. Den Anhänger nachzuziehen war leichter.

20:00 war es, als ich mein Zelt aufbaute und müde hineinkroch. Morgen würde ich einen gewaltigen Muskelkater haben und offenbar hatte ich mir am linken Knie eine Sehne gezerrt. Die Etappe morgen sollte aber deutlich kürzer ausfallen, Falls es mit dem Picknickplatz etwa 10 Kilometer hinter Parthenay klappt, habe ich nur maximal 26 Kilometer zu bewältigen.

Lange hielt ich nicht mehr durch. Nach dem Essen wollte ich eigentlich noch ein bisschen am Manuskript arbeiten, die Fotos bearbeiten und den Blogartikel schreiben. (Hochladen ging nicht, weil ich hier kein Netz hatte). Aber ich war schlicht zu müde dafür, kalt war es auch geworden, und krabbelte um 22:00 in den warmen Schlafsack.

04. April 2023

Dass ich am Flussufer genächtigt hatte, zeigte sich an der Feuchtigkeit an der Innenseite der Zeltplane. Da ich heute eine kurze Strecke – das hing davon ab, ob ich am anvisierten Picknickplatz zelten konnte – eingeplant hatte, wartete ich lieber mit dem Packen, bis alles abgetrocknet war. Um 11:15 brach ich dann auf. Die knapp 4 Kilometer bis La Peyratte waren der Stinkefinger der heutigen Etappe an meinen Muskelkater und die Zerrung. Es ging hoch und runter, vor allem aber hoch. Die Serpentinen schlauchten mich am meisten, weil die Steigung da scheinbar kein Ende nimmt. Schönen Gruß von meiner Lunge. Das anschließende Bergab kommt einem dann immer viel zu kurz vor.

In La Peyratte legte ich eine Pause ein. Trotz Sonne blieb es unangenehm kühl, weil der Nordost zugenommen hatte. Ich trank also nur schnell etwas und fuhr dann weiter. Gegen 14:00 erreichte ich Parthenay und verließ den Radweg, um ins Gewerbegebiet reinzufahren. Im Aldi stockte ich meine Vorräte auf. Da ging etwas mehr Geld für drauf als ich eingeplant hatte, nämlich 27 €. Weitere 3,70 € blätterte ich in einem Café für Kaffee und ein Croissant hin, konnte aber Handy und Laptop aufladen.

Vom Gewerbegebiet aus nahm ich dann die Hauptstraße zur Innenstadt. Jetzt stand noch ein bisschen Sightseeing auf dem Programm, danach wollte ich mir den Picknickplatz am See anschauen. Tja, beides war eine Enttäuschung. Parthenay ist mit dem Fahrrad ein Albtraum – jetzt weiß ich, warum der Radweg außen herumführt! – und zu sehen gab es auch nichts. Der Platz am See war zwar schön und lag auch ruhig, aber Schilder wiesen darauf hin, dass zelten und grillen hier verboten war.

Der nächste Picknickplatz befand sich, laut meiner App, die ich dafür benutze, erst in fast 16 Kilometern Entfernung. In flachem Gelände wäre das kein Problem gewesen, aber bei den ganzen Steigungen? Nicht wirklich das, was ich wollte. Ich war ja noch platt von gestern.

Daher hielt ich auf der weiteren Strecke die Augen auf, ob sich vielleicht eine andere Möglichkeit bietet und siehe da! Es gab sie. Auf der linken Seite der Straße befand sich eine alte Kirche und vor dem Portal gab es einen Picknickplatz. Der, so die Auskunft einiger Anwohner, die ich fragte, öffentlicher Grund war. Also wagte ich es und schlug mein Zelt dort auf. Es war wind- und sichtgeschützt zur Straße hin und ruhig. Dachte ich und irrte. Etwas später trafen sich nämlich in der Kirche Trompeter zum Üben! Jetzt geht es auf 22:00 zu und ich hoffe, dass sie bald fertig sind. Morgen will ich früher los, weil die Etappe bis zum Zeltplatz in Champdeniers-Saint-Denis etwa 27 Kilometer beträgt. Sehr hügelige Kilometer.