02. April 2023, letzter Tag auf dem Zeltplatz in Saint-Généroux

Fast 5 Wochen bin ich nun hier. Genauer gesagt: 36 Tage. Die habe ich – da das Wetter größtenteils nass und windig war, mit der Arbeit an meinem aktuellen Manuskript verbracht. Seit einem Jahr ist das das erste Romanprojekt! Bislang konnte ich aus zeitlichen Gründen nur Kurzgeschichten oder Novellen schreiben. Fertig wird das natürlich jetzt auch nicht. Normalerweise muss ich mindestens 2 Monate Arbeit für einen Roman einrechnen. Je nach Umfang und Genre. In diesem Fall ist es ein Genre-Mix aus Historischem Roman (antikes Persien), Krimi (Waffenschmuggel) und Fantasy (Mythologie). Das bedeutet jede Menge Recherche. Der Plot muss ausführlicher als sonst erstellt werden, damit sich bei den komplizierten Handlungssträngen kein Chaos entwickelt.

 Mehr über den zweiten Band und Infos zu meiner Reihe „Soulanimals“ könnt ihr auf meiner Autorenwebseite lesen.

Wie sieht es jetzt im April für mich aus? Finanziell immer noch schlecht. Zwar war der Aufenthalt hier günstig, dennoch mit insgesamt 224 Euro eigentlich schon zu viel. Eigentlich deswegen, weil die Wetterlage fast den gesamten März über reichlich ungemütlich war. Von der immer noch anhaltenden Trockenheit in anderen Regionen Frankreichs war hier nichts zu spüren.

Montag starte ich mit gerade mal 70 Euro auf die nächsten Etappen. Zeltplätze fallen also schon mal weg. In den größeren Städten werde ich wie bisher auch, an den Rathäusern nach Notunterkünften fragen. Außerdem habe ich mich in zwei Portalen für Wohnen gegen Arbeit angemeldet. Die meisten Angebote dort erfordern allerdings einen Führerschein, viele wollen nur jüngere Menschen haben und andere wiederum sind an Handwerker gerichtet.

Am Mittwoch kann ich auf einem kostenlosen Zeltplatz für Radwanderer und Pilger übernachten und noch mal Duschen, Wäsche waschen etc. Danach zelte ich nur noch wild. Das Wetter soll in der ersten Aprilwoche zwar deutlich kühler werden, aber stabil und weitestgehend sonnig und trocken. Kein Gegenwind mit mehr als 60 oder 80 km/h! Die Strecke bis Niort wird durch die vielen Steigungen auch so noch anstrengend genug. Die grobe Richtung bleibt erst einmal über Bayonne nach Spanien. Vielleicht ergibt sich ja doch noch unterwegs noch eine praktikable Lösung für mein Unterkunftsproblem.

Bestandsaufaufnahme Winter 2022/2023 am 21. März 2023 und Aussichten für den Frühling

Es ist kein Winter, den ich wiederholen möchte! In meinem ganzen Leben war ich noch nie so sehr und über einen so langen Zeitraum auf die Unterstützung anderer Menschen angewiesen. Die Lage hat sich zwar vom Wetter her etwas entspannt, aber finanziell sieht es immer noch bescheiden aus. Das Spendenprojekt auf Gofundme habe ich gestern gelöscht, nachdem sich trotz regelmäßiger Updates dort seit Wochen nichts mehr getan hat. Es gibt für mich als Bloggerin und Autorin/ Künstlerin ein großes Problem, und das heißt Reichweite. Weder mein Blog noch die Autorenwebseite oder meine Profile auf Instagram und Mastodon generieren eine nennenswerte Leserschaft. Das war früher auf Facebook und später auf Twitter nicht anders.

Das zweite große Problem heißt: Zeit. Um mein weggefallenes Einkommen als Designerin mit dem als Autorin zu ersetzen, benötige ich mehr Zeit, als meine Finanzen es erlauben. Derzeit schreibe und veröffentliche ich „nur“ Kurzgeschichten und Kurzromane. Sie verkaufen sich zwar gut, aber generieren natürlich weniger Tantiemen als ein Roman. Mein monatliches Budget liegt seit Dezember unter 300 €! Das ist selbst für jemanden wie mich, die an knappes Geld gewöhnt ist – als Pferdewirtin verdient man ein erbärmliches Gehalt – zu wenig, um einen kompletten Monat damit über die Runden zu kommen.

Um das mal zu verdeutlichen: Für die restlichen Tage bis zum 29. – das Datum, an dem Amazon die Buchtantiemen auszahlt – bleiben mir an Lebensmitteln:

  • 8 Scheiben Toastbrot
  • ein Rest Margarine und Konfitüre
  • 2 Packungen Kartoffelpüree
  • 6 Brühwürfel
  • Etwa 600 Gramm Nudeln, dazu noch eine halbe Flasche Ketchup
  • 10 Tassen Kaffee

Das ist das, was ich seit Anfang März esse inklusive Rationierung. Jupp, das nennt man wohl Mangelernährung, die ich mittlerweile auch deutlich körperlich spüre. Das letzte frische Obst hatte ich Mitte Februar.

Die Buchverkäufe in den Tolino-Media-Shops wie Thalia und andere sind seit etwa einem halben Jahr nicht mehr über 50 € pro Monat hinausgekommen. Der Februar – die Abrechnung kam am 15. März – glänzt sogar mit sagenhaften 22 €. Deswegen setze ich wieder vermehrt Bücher ins KU-Programm von Amazon, obwohl es mehr Nachteile für uns Autoren hat als Vorteile. Aber es generiert höhere Einnahmen als derzeit Tolino-Media.

Das Arbeiten im Zelt fördert die Kreativität auch nicht unbedingt, erst recht bei widrigen Wetterbedingungen wie Dauerregen oder Kälte. Ich hatte von Dezember bis Mitte Februar viele Tage, an denen es schlicht zu kalt zum Schreiben war. Laptop und Smartphone strapazierte das ebenso wie mich.

Liebend gerne würde ich mich auch wieder – neben der Mediengestaltung – auf das Zeichnen und Malen konzentrieren. Der Fokus läge dabei auf kleinere Kunstwerke wie Postkarten, die ich dann verkaufen oder versteigern würde. Doch das geht im Zelt einfach nicht. Ich brauche dazu Tisch und Stuhl, um mit dem Grafiktablett arbeiten zu können. Seit ich im November an der Loire angekommen bin, habe ich diverse Kommunen aufgesucht, meine Situation geschildert und nach einer günstigen Unterkunft gefragt. Bisher vergeblich. Wohnen gegen Arbeit Portale haben im Winter auch kaum Angebote, außer für Handwerker, Bauarbeiter etc. Ich kann zwar malern und so was, aber das reicht für solche Dinge leider nicht aus.

Selbst günstige Campingplätze, wie der, auf dem ich seit Ende Februar bin, kosten, hochgerechnet auf einen Monat, zu viel, als das ich es bezahlen könnte. Hier habe ich zwar verlängern können – bis zum 30. März – aber das Geld geht weg vom Budget für April. Und fehlt dann natürlich wieder.

Gesetzt den Fall, ich schaffe es, mein aktuelles Romanprojekt bis Mitte April fertigzustellen, und es verkauft sich ähnlich gut, wie sein Vorgänger vom April 2022, so habe ich immer noch das Problem, dass die Tantiemen dafür erst am 29. Juni ausgezahlt werden. Amazon zahlt nämlich das Geld für neu erschienene Bücher immer erst 2 Monate nach dem Monat aus, in dem das Buch erschienen ist. Das ist ein verdammt langer Zeitraum.

Viele Freischaffende bauen sich ein Nebeneinkommen über Plattformen wie Steady, Patreon oder anderen auf. Doch auch das ist für mich derzeit nicht möglich, weil – Zeit. Ich müsste neben den aktuellen Projekten zusätzliches Material für meine Unterstützer schreiben. Kostenlose Kurzgeschichten zum Beispiel. Klar, ich kann auch Bücher verschenken oder vor der eigentlichen Veröffentlichung an meine Unterstützer abgegeben, aber da greift das oben genannte Problem wieder: Die Reichweite. Ich schreibe nicht für den Massenmarkt.

Wer Ideen hat wie ich aus diesem Loch wieder rauskomme, darf mich gerne anschreiben. Verkneift euch aber bitte Argumente wie: Such dir halt ’nen Job oder geh auf Hartz 4. Ganz abgesehen davon, dass ich in Frankreich lebe und die Modalitäten dafür noch ganz anders aussehen als in Deutschland, habe ich meine Gründe, so zu leben, wie ich es seit einigen Jahren tue. Eine Pandemie und ihre verheerenden Auswirkungen so wie den Krieg in der Ukraine hatte ich allerdings nicht im Hinterkopf, als ich mich 2018 selbstständig gemacht habe!

Blogupdate am 06. März 2023 in Saint-Généroux

Es wird wärmer. Das ist die gute Nachricht. Leider soll es auch viel regnen. Gut, der Regen ist dringend notwendig, für ein Leben im Zelt aber nicht so toll. Ich habe die vergangenen Tage gut genutzt. Ein Manuskript befindet sich derzeit im Lektorat und ich arbeite jetzt an den nächsten zwei geplanten Projekten. Aus Zeitgründen wird es mit dem Romanprojekt wohl April werden, dagegen müsste ich die Novelle bis Ende März fertig haben. Zwei Geschichten im März zu veröffentlichen ist auf jeden Fall ein besserer Schnitt und spült natürlich auch mehr Tantiemen in meine arg leere Kasse. Meine bisherigen Einnahmen lagen immer unter 300 € im Monat seit November und das dieses Geld selbst bei größter Sparsamkeit nicht ausreicht, um mich über einen ganzen Monat zu bringen, ist leicht auszurechnen.

Der kleine Campingplatz hier in Saint-Généroux entpuppte sich leider auch als teurer. Die Dame, die mir anfangs den Preis von 4,20 € nannte, hatte vergessen, dass es auch hier eine Preiserhöhung gab. Der Platz kostet nun 6,20 €. Das ist immer noch sehr günstig, aber für mich dann eben ab dem 15. März nicht mehr zu stemmen. Bis zum 29. März, also weiteren 14 Tagen, käme da nochmals eine Summe von 86 € plus ein paar Zerquetschte zusammen. Nachdem ich alle anstehenden Rechnungen bezahlt und meine Vorräte aufgestockt habe, verbleiben nur noch knapp 50 € auf dem Konto.

Ich werde also Mitte März weiterfahren müssen. Die langfristige Wettervorhersage sieht nicht so ermutigend aus: Regen und nochmal Regen bis Ende März. Auf der Strecke sind auch keine Campingplätze mehr, die offen sind. Einen kleinen Halte Randonneurs – einen Wanderzeltplatz – gibt es in Champdeniers-Saint-Denis. Der hat eigentlich zu, aber ich kann dort für eine Nacht unterkommen. Das sind 3 Etappen von hier.

Ideal wäre, wenn ich bis April noch hier logieren könnte. Das käme auch meiner Schreibarbeit zugute. Und ich hätte dann im April bessere Bedingungen für eine Weiterreise. Jede Spende über PayPal hier auf dem Block oder über GoFundMe ist also weiterhin sehr willkommen.

Etappe am 25. Februar 2023 von Thouars nach Saint-Géneroux

So hundertprozentig sicher war ich mir gestern ja nicht, ob ich in dem kleinen Park zelten durfte, aber niemand kam und scheuchte mich weg, daher hatte ich eine ruhige Nacht. Ich brach dennoch früher auf und macht mich auf die heutige Etappe, die – sollte es mit dem Campingplatz in Saint-Géneroux klappen – nur knapp 17 Kilometer betrug. Allerdings äußerst hügelige Kilometer. Gleich aus Thouars raus hatte ich die ersten Anstiege zu bewältigen. Danach wurde es etwas leichter, als der Radweg wieder am Fluss entlangführte. Das Bett der Thouet ist tief eingeschnitten, deswegen wird es auch jedes Mal anstrengend für mich, sobald der Radweg vom Fluss weg -und durch die Hügel führt.

Weinberge sind jetzt keine mehr zu sehen, sie wurden abgelöst von Wiesen und Äckern. Allerorten blüht es schon kräftig, was den tristen grauen Tag verschönert. Immerhin regnet es nicht mehr. Wie gestern schon, ging es durch hübsche kleine Dörfer mit vielen historischen Bauten. Unangenehm war nur die Strecke durch den Wald bis Maulais, weil dort wieder einmal Jäger unterwegs waren. Ein Jagdhund hatte sich offenbar verlaufen und folgte mir fast zwei Kilometer, bis er wieder umdrehte.

Ab hier waren die Anstiege nicht mehr so steil und ich radelte zügiger bis zu meinem Ziel. Saint-Géneroux ist nicht gerade eine Metropole, hier gibt es nicht einmal eine Épicerie oder ein Depot de Pain. Stolze 342 Einwohner, eine Brücke aus dem Mittelalter, eine ebenso alte Kirche und ein paar Häuser. Und der Campingplatz, der direkt am Rathaus lag.

Klein, aber einigermaßen eben und sauber, Toilette und Dusche waren im Innenhof zwischen Rathaus und einer kleinen Pension untergebracht, Alles sauber und sogar mit Heizung. Ein Anschlag an der Mauer verriet mir die Preise: 2,20 € für eine Person mit Zelt, Strom kostet 2 €. Da kann man echt nicht meckern. Ich rief also die Dame an, die für den Platz zuständig war und schilderte ihr meine momentane Situation, auch, was die Finanzen betraf. Sie hatte kein Problem damit, dass ich erst am Dienstag bezahlen konnte. Bleiben würde ich erst einmal bis zum 15. März und dann, je nach Wetter, verlängern oder weiterfahren. Für die ganze nächste Woche sind wieder kalte Temperaturen bis minus 4 Grad vorhergesagt, auch tagsüber wird es mit dem eisigen Nordostwind kaum mehr als 8 Grad warm. Da ich Strom mit dazubuche, werde ich am Dienstag in Saint-Verant, dort ist der nächste Supermarkt, schauen, ob ich nicht wieder einen kleinen Heizlüfter kaufen kann.

Etappe am 24. Februar 2023 von Montreuil-Bellay nach Thouars

Es schüttete noch bis 03:00 morgens, dann ließ der Regen endlich nach. Nach 24 Stunden toujours. So sehr es die Natur braucht, mir reichte es vorerst mit dem Nass. Ich fing spät mit dem Packen an, damit das Zelt noch abtrocknen konnte. Die Etappe heute würde – vorausgesetzt, der von mir anvisierte Picknickplatz etwa 2 Kilometer vor Thouars eignete sich zum Übernachten – nur 28 Kilometer betragen. Der Wetterbericht sagte für heute einen Mix aus Sonne und Wolken vorher und es sollte trocken bleiben. So brach ich also auch erst um 12:00 auf, nachdem Laptop und Handy nochmal voll aufgeladen waren.

Der bleigraue Himmel sah allerdings immer noch nicht so aus, als wollte er aufreißen und die Sonne durchlassen. Tatsächlich fing es sogar eine halbe Stunde nach Start an zu nieseln. Nicht so schlimm, dachte ich. Der Wind kam von hinten und kalt war es nicht. Eine weitere Stunde später musste ich meine Einschätzung revidieren. Es goss mittlerweile wie aus Kannen. In einem Bushäuschen stellte ich mich kurz unter um, Regenkleidung anzuziehen und die Regenhülle über den Rucksack zu ziehen. Da es nicht so aussah, als würde es in absehbarer Zeit aufhören, fuhr ich weiter.

Die Strecke heute führte größtenteils über kleine Straßen, die in einem schlechten Zustand waren. Ein Fleckerlteppich aus Asphalt sozusagen. Dort, wo der Radweg an der Thoue direkt entlanglief, war er geschottert aber doch besser zu fahren als die Straßen. Sonst war es eigentlich eine schöne Strecke. Bei besserem Wetter hätte sie sicher Spaß gemacht, da sie durch hübsche kleine Dörfer führte und es alte Mühlen und Schlösschen zu sehen gab. In Taizon fotografierte ich die gallo-romanische Brücke, die noch sehr gut erhalten war.

Als ich um 15:30 den Picknickplatz erreichte, war mir nach kurzer Inspektion klar, dass ich hier nicht zelten konnte. Was nicht unter Wasser stand, lag zu dicht an der Straße. Auch die nächsten beiden Plätze eigneten sich nicht, daher entschloss ich mich, doch noch durch Thouars zu fahren und auf der anderen Seite nach einem Platz zu suchen, Laut nextpicknick.org gab es dort noch einen. Ganz so leicht war das aber nicht, denn vom Fluss aus führte der Weg mit 15% Steigung etwa einen Kilometer hoch zur Stadt. Nach etwa der Hälfte erreichte ich eine kleine Plattform, auf der ich den Hänger abkoppeln und parken konnte, denn meine Lunge stand kurz vor dem Platzen. Ich schob also das Fahrrad die zweite Hälfte zuerst bis ganz nach oben und holte den Anhänger dann nach.

Nach einer weiteren Atempause machte ich mich auf den weg durch Thouars, schoss einige Fotos – der Regen hatte glücklicherweise nachgelassen – und musste dann noch einen kleinen Umweg in Kauf nehmen, da die Fußgängerbrücke wegen Bauarbeiten gesperrt war. Direkt dahinter befand sich eine kleine Grünanlage mit dem Picknickplatz. Die hohe Mauer bot Sichtschutz zur Straße hin, die Grasnarbe war nass, aber nicht matschig und eben. Kurz entschlossen baute ich das Zelt hier auf. Morgen hatte ich dann nur noch 17 Kilometer bis zum Campingplatz in Saint-Géneroux. Es ist ein sehr kleiner Campingplatz, hat auch geöffnet, aber den Preis weiß ich nicht. Hoffentlich nicht wieder so teuer wie der letzte!